Der graue Rußschleier des Ostens hat schon längst einen neuen Anstrich bekommen. Die Fassaden im Stadtteil Malá Strana erstrahlen in zarten Pastelltönen. In inniger Umarmung verneigt sich das Tanzende Haus und lässt den Blick über das Brückenpanorama der Moldau zur Burg wandern. Bevor die Sonne endgültig hinter dem Petřín-Hügel versinkt, taucht sie die Stadt in einen goldenen Glanz.
Golden schimmert es auch zur späteren Stunde aus den zahlreichen Krügen, die in den ritterlichen Kellergewölben gereicht werden, ehe noch weitere Häuser der Stadt zum Tanz auffordern…
Vor der sonnengelben Front des Grand Hotels verwandelt ein Ensemble aus fünf Bohemians den Wenzelsplatz in eine große Open Air Bühne. Es lohnt sich, länger zu lauschen. Nach „Yesterday“ der Beatles entführen uns die Csardasklänge in das musikalische Gestern des böhmischen Wandervolkes, voller Sehnsucht und Leidenschaft.
Der Krönungsweg böhmischer Könige führt durch den Altstädter Ring über die Karlsbrücke bis hinauf zum Burggelände Hradschin und dem Veitsdom, in dem die Monarchen Reichsinsignien wie die Wenzelskrone, den Reichsapfel und das Zepter entgegennahmen. Unzählige Händler, Gaukler, Künstler und Neugierige säumten die Straßen. Auch heute herrscht hier ein wuseliges, buntes Treiben zwischen barocken Schmuckbauten und klassizistischen Palais, Souvenirshops und Restaurants, in denen böhmische Klassiker serviert werden. Tischlein deck dich mit deftigem Gulasch und Kartoffelsuppe im Brot. Die Astronomische Rathausuhr schlägt uns die Stunde zum Verlassen der überfüllten, königlichen Pfade. An den Ufern der Moldau finden wir so manch nettes Plätzchen mit guter Getränkeversorgung.
In gemütlicher Gelassenheit genießen wir die fröhliche Atmosphäre der Stadt und widmen uns einem Stück tschechischer Kultur, dem Pivo. Nicht nur, dass es das Nationalgetränk ist. Ganz nebenbei sind die Tschechen mit einem pro Kopf Verbrauch von 160 Litern pro Jahr Weltmeister im Bierkonsum. Deutschland steht damit lediglich auf Platz zwei mit 130 Litern/Jahr. Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Bewohnern bevölkertes Bundesland hört nicht auf Widerstand zu leisten… Und kommt auf einen Durchschnittsverbrauch von 180 Litern! Prost und Na zdraví!