Auch ohne eine Supernase von Jean-Baptiste Grenouille wird man auf den Straßen in Grasse von Düften verzaubert. In der Welthauptstadt der Düfte regnet es Parfüm. Kein Scherz! Zwar nicht von ganz oben, aber auf vielen frequentierten Straßen sind kleine Düsen angebracht, die gleichmäßig wohl duftende Nebelschwaden erzeugen. In unserem Fall ist es der zarte Duft von Jasmin, der in der Luft liegt. In diesem kleinen Städtchen führt kein Weg vorbei an Fragonard, Molinard, Galimard und anderen Fabriken der großen Parfümerien. Neben einer Fabrikbesichtigung kann hier sogar jeder seinen eigenen Duft kreieren. Und wenn nicht sogleich ein Chanel N°5 daraus wird, so hat man es doch wenigstens probiert.
Im winzigen Zentrum erstrahlen die Häuser in warmen Tönen. Gelb, Orange, Rot. Verträumte kleine Läden säumen die schicken Straßen mit zauberhaften Flakons, Lavendel-Säckchen und bunten Seifen. Goldene Wappen von Grasse, eingelassen in den Fußweg, weisen den Passanten den Weg durch die Altstadt. Der Petit Train tuckert die Tagesbesucher durch den sanierten Stadtkern. Wenige Schritte weiter bröckelt der gelb-braune Putz von vielen Fassaden. Kaum ein Sonnenstrahl dringt in die engen, verwinkelten Gassen hinter der Kathedrale Notre-Dame-du-Puy. Leerstand, verblichene „à vendre“-Schilder, die keinen Käufer angesprochen haben. Eingänge mit Brettern zugenagelt. Wenn der Tag von der Nachtwache abgelöst wird, fühlt man sich zwischen den alten Gemäuern ein bisschen versetzt ins mittelalterliche Grasse in Patrick Süskinds Roman „Das Parfüm“. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, wie ein vom ultimativen Duft besessener Parfumeur nachts durch die Straßen wandelt…